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Warum konnte Frankfurts Oberbürgermeister vor dem Ende seiner Amtszeit abgewählt werden?

Während es in den meisten Bundesländern möglich ist, den gewählten Bürgermeister vor dem Ende seiner Amtszeit abzuwählen, ist das leider in Bayern nicht möglich. Auch in Baden-Württemberg gibt es bisher keine gesetzliche Grundlage, um einen Bürgermeister vorzeitig aus dem Amt zu entfernen. Dort ist es jedoch möglich, auf Antrag des baden-württembergischen Innenministeriums als oberster Rechtsaufsichtsbehörde beim Verwaltungsgericht, die Amtszeit zu beenden,  „wenn der Bürgermeister den Anforderungen seines Amts nicht gerecht wird und dadurch so erhebliche Missstände in der Verwaltung eintreten, dass eine Weiterführung des Amts im öffentlichen Interesse nicht vertretbar ist und andere Maßnahmen nicht ausreichen“.

Verhindert der Beamtenstatus eine vorzeitige Entfernung Thalers aus dem Amt?

Anders ist jedoch die Situation in Bayern. Die Bürgermeister genießen den Status eines kommunalen Wahlbeamten auf Zeit der Gemeinde im Sinne des Kommunalwahl-Gesetzes. Das Beamtenverhältnis kann daher nur in Verbindung mit dem Beamtenstatusgesetz unter folgenden Voraussetzungen vorzeitig aufgelöst werden.

–           Dienstunfähigkeit

–           Entfernung aus dem Dienst aus disziplinarrechtlichen Gründen

–           Verlust der Beamtenrechte durch ein rechtskräftiges Strafurteil

–           Rechtskräftige Verurteilung des Beamten wegen einer vorsätzlichen Tat zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr

Ob die Voraussetzungen in der Causa Thaler vorliegen, bedarf daher der gründlichen Überprüfung.

Bedeutung der Landesanwaltschaft als disziplinarische Vorgesetztenbehörde

Die disziplinarische Vorgesetztenbehörde der Bürgermeister bayerischer Gemeinden ist die Landesanwaltschaft. Sie hat es in der Hand, das Verwaltungsoberhaupt wegen Disziplinarverstößen vorzeitig seines Amtes zu entheben. Damit diese tätig wird, muss das fragwürdige Verhalten des betroffenen Rathauschefs bei der Landesanwaltschaft angezeigt werden. Die Behörde entscheidet dann über dessen disziplinarrechtliche Relevanz. Disziplinarrechtlich relevant könnte beim Echinger Verwaltungsoberhaupt die grob fahrlässig als Privatperson verursachte Sachbeschädigung oder die Vortäuschung einer Straftat gewesen sein.

Rechtskräftiges Strafurteil führt zum Verlust der Beamtenrechte

Auch ein rechtskräftiges Strafurteil, beispielsweise wegen Untreue (immerhin hat die Staatsanwaltschaft Landshut ja einen Strafantrag gegen Thaler wegen Untreue beim Amtsgericht Freising gestellt) könnte einen Verlust der Beamtenrechte und sogar der Pensionsansprüche zur Folge haben. Untreue ist ein strafrechtlicher Tatbestand. Die Echinger Bürger*innen müssen sich also einmal mehr bis zum Urteilsspruch des Amtsgerichts Freising in Geduld üben.  Bleibt abzuwarten, ob die  Landesanwaltschaft das Urteil des Prozesses bei seiner disziplinarrechtlichen Entscheidung über Thaler berücksichtigen wird. Das würde jedoch erklären, warum die Konsequenzen aus der Sicht der Bürger länger auf sich warten lassen als erhofft.

Nicht zu vergessen die sonstigen Ungereimtheiten Thalers, die bisher keine Urteile zur Folge hatten

Seien es seine Aktivitäten auf dem Immobilienmarkt (Kauf einer Immobilie von hochbetagtem ASZ-Bewohner zum nahezu halben Marktpreis, fragwürdige Grundstücksanbahnungsaktionen), die Vergabe öffentlicher Aufträge an seinen Schwager oder die nachhaltige Verzögerung der Schaffung von bezahlbarem Wohnraum. Wie werden sich wohl jetzt die Einheimischen fühlen, die die Vergabekriterien erfüllten und wegen des Zinsanstiegs ihren Traum vom Eigenheim wegen explodierender Kosten begraben mussten? Die Versäumnisse und Fehler der Gemeinde bei  der Vergabe von Bauland im Einheimischenmodell verzögerten so lange über Jahre hinweg den Vergabeprozess, bis schließlich den Bauwilligen die Zinsen davon galoppierten.

Ganz zu schweigen vom Imageverlust, den die Gemeinde Eching durch die Negativschlagzeilen ihres Bürgermeisters in den umliegenden Landkreisen erlitten hat.

Ingrid Brandstetter

3 Gedanken zu „In Bayern ticken die Uhren anders – Zur Freude Thalers und zum Unmut der Echinger*innen“

  1. Sehr geehrte Frau Brandstetter,
    zunächst einmal: Danke für Ihre schnelle Rückmeldung!
    Dass Sebastian Thaler Urteile nicht akzeptiert, ist zwar sein gutes Recht, aber bei ihm nichts Außergewöhnliches. Zur Erinnerung: Auch gegen das Urteil des Landgerichts Landshut (Zivilprozess) im Zusammenhang mit seiner Raufereigeschichte am 01.08.18 (lt. Gerichtsurteil handelte es sich um eine mindestens grob fahrlässige Sachbeschädigung eines SUVs, verursacht durch den Privatmann (!) Sebastian Thaler) legte Thaler bekanntlich Berufung beim OLG München ein. Erst, nachdem Thaler vom OLG einen Bescheid bekam, dass seine Berufung keine Aussicht auf Erfolg hat, zog er diese bekanntlich wieder zurück.

    Hoffen wir also, dass es bald zum Strafprozess beim Amtsgericht Freising kommt. Ich werde auf jeden Fall als Zuschauer hingehn, wenn es bei mir zeitlich passt. Dieses „Schauspiel“ (besser: Trauerspiel) will ich mit eigenen Augen und Ohren erleben.
    Übrigens: Im Falle der Verurteilung von Herrn Thaler gibt´s einen Eintrag ins Bundeszentralregister, falls er zu mehr als 90 Tagessätzen verurteilt wird. Darüber hinaus drohen ihm, wie Sie bereits schrieben, disziplinarrechtliche Konsequenzen seines Dienstherrn.
    Es bleibt spannend…..

    MfG
    Guido Langenstück


  2. Sehr geehrter Herr Langenstück,
    vielen Dank für Ihren Hinweis. Offensichtlich hatte der mit der Causa Thaler befasste Strafrichter keine Bedenken, dem Antrag der Staatsanwaltschaft zu entsprechen und einen Strafbefehl gegen Sebastian Thaler zu erlassen. Dass Herr Thaler diesen nicht akzeptierte, sondern Einspruch dagegen einlegte, ist nicht verwunderlich, wenn man bedenkt, dass die Rechtskraft des Strafbefehls mit der eines Urteils vergleichbar ist und einen Eintrag im Bundeszentralregister zur Folge haben kann.
    Mit freundlichen Grüßen
    Ingrid Brandstetter


  3. Sehr geehrte Frau Brandstetter,
    sehr gut recherchiert und formuliert!
    In einem Punkt erlaube ich mir, Sie zu korrogieren: Das Amtsgericht Freising hat lt. Medienberichten -auf Antrag der Staatsanwaltschaft- bereits einen Strafbefehl wg. Untreue gegen Herrn Thaler erlassen (dessen Inhalt wir nicht kennen). Es hätte ja auch sein können, dass das Gericht der Argumentation der Staatsanwaltschaft nicht gefolgt wäre und somit keinen Strafbefehl erlassen hätte.
    Bekanntlich hat Herr Thaler gegen seinen Strafbefehl (über seine Anwälte) Widerspruch eingelegt (was sein gutes Recht ist). Deshalb wird es (hoffentlich bald) zu einem öffentlichen Strafprozess in Freising kommen. Das hat den Vorteil, dass jeder interessierte Bürger zum Prozess auf dem Freisinger Domberg als Zuschauer hingehen kann und erfährt, was Thaler konkret zur Last gelegt wird und zu welchem Strafmaß sich das Gericht ggf. durchringt.
    Ob Sebastian Thaler das bei seinem Widerspruch gegen den Strafbefehl bedacht hat? Bisher hüllt er sich bekanntlich in Schweigen.

    Mit freundlichen Grüßen
    Guido Langenstück

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