Sehr geehrte Frau Wucherpfennig,
Transparenz schafft Glaubwürdigkeit.
Sie machen den „leergefegten“ Markt für qualifiziertes Pflegepersonal für das Schließen der örtlichen Sozialstation verantwortlich. Privaten Anbietern von Pflegedienstleistungen gelingt es jedoch, sogar unter diesen schwierigen Rahmenbedingungen ihren Betrieb erfolgreich weiter zu betreiben. Den Personalnotstand im Pflegebereich gibt es doch nicht erst seit gestern. Unverständlich für die Echinger Bürger/-innen ist daher, dass es einer erfahrenen Leiterin und Gemeinderätin wie Frau Lebich nicht gelungen ist, durch einen respektvollen Umgang mit Mitarbeitern, Kunden und deren Angehörigen langfristig die Zulassung der Pflegekasse für die Sozialstation abzusichern.
Wenn Angehörige von Mitgliedern der ambulant betreuten Dementen-Wohngruppe die Leitung von Sozialstation und Pflegedienst beispielsweise auf offensichtliche Mängel bei der Grundpflege wie Zahn- und Mundhygiene, Rasieren, Duschen, Waschen, Ankleiden und Kämmen etc. aufmerksam machten, wurden diese einfach bestritten, anstatt sie ernst zu nehmen, darauf einzugehen und ihnen die Ursachen anhand einer schlüssigen Dokumentation zu erläutern. Immerhin hat die Dokumentation der tatsächlich erbrachten Leistungen Urkundencharakter, wenn es um deren korrekte Abrechnung geht.
Angehörige sind natürlich zunächst schockiert, wenn beispielsweise der Zahnarzt eine mangelhafte Zahnpflege und Mundhygiene des Pflegebedürftigen feststellt. Was kann das Pflegepersonal jedoch machen, wenn dieser durch sein Verhalten die Mund- und Dentalhygiene verweigert, weil er einfach den Mund nicht aufmacht? In diesem Fall müssen die Angehörigen des Betroffenen darüber informiert und über die damit verbundenen Risiken aufgeklärt werden, was in einem Beratungsprotokoll festzuhalten ist. Darüber hinaus muss das Pflegepersonal die Gründe dokumentieren, wenn Leistungen aus dem Kostenvoranschlag seitens des Pflegebedürftigen verweigert werden und daher auch nicht abgerechnet werden können, um einen Abrechnungsbetrug zu vermeiden. Warum war wohl Frau Lebich nicht bereit, die Pflegeprotokolle den Angehörigen vorzulegen, selbst wenn diese ausdrücklich darum gebeten hatten?
Qualitätsmängel bei der ambulanten Versorgung der Sozialstation zeigten sich schon vor Coronazeiten bei Überprüfungen durch den Medizinischen Dienst Bayern (früher MDK Bayern), der zum Zweck der Qualitätssicherung in ambulanten Versorgungseinrichtungen von der Arbeitsgemeinschaft der Pflegekassenverbände in Bayern (ARGE) beauftragt wird, die Qualität der ambulanten Pflege regelmäßig zu überprüfen.
Seit 2016 ergab die jährliche Qualitätsprüfung der ambulanten Pflege der örtlichen Sozialstation durch den Medizinischen Dienst Bayern eine kontinuierliche Verschlechterung der Pflegequalität. War die Bewertung der ambulanten Versorgung der Sozialstation durch den Medizinischen Dienst Bayern in 2016 noch bei 1,0, sollte sie in den Folgejahren über 1,5 in 2017 und 1,7 in 2018 schließlich in 2019 mit 2,9 einen neuen Tiefpunkt erreichen. Auch in 2020 gelang der örtlichen Sozialstation nur eine geringfügige Verbesserung der ambulanten Pflegequalität auf 2,8 und hinkte damit immer noch deutlich dem bayerischen Durchschnitt von 1,6 hinterher.
Das schlechte Abschneiden der örtlichen Sozialstation bei der Qualitätsprüfung durch den Medizinischen Dienst Bayern in 2019 wurde im Jahresbericht des Vereins „Älter werden in Eching“ von 2019 auf Seite 18 wie folgt kommentiert: „Die Bewertung entsprach nicht unseren Erwartungen, die Bewertung durch die von uns Gepflegten hingegen schon.“ Während die Angemessenheit der Qualitätsprüfung und insbesondere die Anforderungen an die Dokumentation der Pflege durch den Medizinischen Dienst Bayern bei einem kleinen Dienst in Frage gestellt wurden, gab es keinerlei Zweifel an der Qualität der ambulanten Versorgung durch die örtliche Sozialstation. Ist diese gar an der mangelhaften Dokumentation der tatsächlich von ihr erbrachten Leistungen gescheitert? Sorgt doch gerade eine schlüssige und nachvollziehbare Dokumentation für Transparenz bei den tatsächlich erbrachten Leistungen und ist Voraussetzung für deren korrekte Abrechnung mit der Pflegekasse.
Was hat den Verein „Älter werden in Eching“ wohl bewogen, die ARGE um eine einvernehmliche Auflösung der Versorgungsverträge zu bitten, obwohl damit ein Verzicht auf Einnahmen aus der Pflegekasse verbunden war? Sollte hier wirklich Corona den Ausschlag gegeben haben, oder haben gar andere Zwänge der örtlichen Sozialstation den Exodus beschert? Wollte sich der Verein „Älter werden in Eching“ etwa durch Schließen der Sozialstation seiner Verantwortung und Haftung für sämtliche Unregelmäßigkeiten in der örtlichen Sozialstation entledigen?
Der Verein „Älter werden in Eching“ hat es über die Jahre hinweg für entbehrlich gehalten, die Gemeinderäte über die Qualität der Pflege der örtlichen Sozialstation zu informieren, obwohl sich die Gemeinde die kommunale Altenfürsorge des Vereins jährlich 480.000 € kosten hat lassen. Umso überraschender kam für die Gemeinderäte das Aus der örtlichen Sozialstation, da sie die Aufwendungen für die kommunale Altenfürsorge auch für dieses Jahr bereits genehmigt hatten, aber nicht einmal vorab davon erfahren hatten. Immerhin sitzt Frau Lebich als Leiterin des ASZ für die Grünen im Gemeinderat. Auch BM Thaler will als Vorstandsmitglied des Vereins erst Mitte Mai dieses Jahres von der Schließung der Sozialstation erfahren haben.
Es ist sehr schade, dass die Gemeinde Eching bei der Umsetzung ihres zukunftsweisenden Konzepts im Umgang mit Senioren im Gegensatz zu ihren Nachahmern gescheitert ist, obwohl sie regelmäßig vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend dafür ausgezeichnet worden ist und zahlreiche Delegationen aus der ganzen Welt Interesse daran bekundeten. Ist die Umsetzung des zukunftsweisenden Konzepts in Eching nicht an einem Mangel an Pflegefachkräften sondern gar an der Inkompetenz der Leitung der Sozialstation gescheitert? Wie lautete doch Ihre persönliche Losung anlässlich des Besuchs einer Delegation aus Taiwan, die im September 2019 dem ASZ ihre Aufwartung machte: „Die Welt verändert sich und alle müssen Verantwortung übernehmen“.
Wie sieht es jetzt mit der Übernahme von Verantwortung der Gemeinde für ihre älteren Mitbürger/-innen aus? Ganz zu schweigen von der Verantwortung des Vereins „Älter werden in Eching“ für seine Mitglieder, die darauf vertrauten, im Alter mit Hilfe des ASZ und der angeschlossenen Sozialstation möglichst selbständig leben zu können. Ist das der Dank für die jahrelange Mitgliedschaft im Verein „Älter werden in Eching“? Wie enttäuschend muss es für die Betroffenen sein, wenn sie und ihre Angehörigen erkennen müssen, jahrelang auf die falsche Karte gesetzt zu haben.
Ingrid Brandstetter